Welche Strafen drohen bei Schlepperei?

Jeden Tag gelingt es zahlreichen Menschen, illegal nach Österreich einzureisen. Unterstützt werden sie meist von Schleppern, die ihnen die Einreise ermöglichen oder erleichtern. Derzeit liest man in den Medien viel über europaweite Aktionen gegen Schlepper, doch was versteht man eigentlich unter Schlepperei und welche Strafen drohen dafür? Das österreichische Strafrecht unterscheidet zwischen dem gerichtlich strafbaren Tatbestand der Schlepperei und dem Verwaltungsdelikt der Schlepperei. Im Folgenden werden beide Delikte erklärt.

Was ist Schlepperei?

Grundsätzlich erfüllt derjenige den Tatbestand der Schlepperei, der die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedsstaat der EU oder Nachbarstaat Österreichs fördert.

Fremder ist grundsätzlich jeder, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Da jedoch die Bürger der EU grundsätzlich frei innerhalb der EU reisen dürfen, kommen de facto als Fremde nur Drittstaatsangehörige in Betracht.  Die Ein- bzw. Durchreise muss nämlich rechtswidrig sein, was sich nach den Bestimmungen des Verwaltungsrechts richtet. So handelt beispielsweise ein Fremder, der unter Umgehung von Grenzkontrollen nach Österreich einreist oder ohne das dafür erforderliche Visum durchreist, rechtswidrig.

Für die Strafbarkeit ist die Einreise des Fremden nach Österreich nicht notwendig.

Der Schlepperei macht sich aber nur derjenige strafbar, der diese Ein- oder Durchreise fördert. Der Fremde, der geschleppt wird, ist zwar nach anderen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen zu bestrafen, kann sich jedoch nicht der Schlepperei schuldig machen. Laut ständiger Rechtsprechung ist es auch für die Strafbarkeit der Schlepperei gar nicht notwendig, dass eine Einreise eines Fremden nach Österreich überhaupt stattgefunden hat. Es ist bereits ausreichend, wenn eine solche gefördert wird, unabhängig davon, ob der Fremde schließlich das Ziel erreicht (OGH 11Os119/11a).

In diesem Zusammenhang bedeutet ein Fördern der rechtswidrigen Einreise oder Durchreise in objektiver Hinsicht jede Leistung, die dem Geschleppten den rechtswidrigen Grenzübertritt nach Österreich oder durch Österreich ermöglicht oder erleichtert und dafür in irgendeiner Form kausal wird oder kausal werden soll (OGH 13Os27/21a).

Dazu zählen beispielsweise der Transport von Fremden in einem Fahrzeug, aber auch das Reparieren von Schlepperfahrzeugen zählt laut ständiger Rechtsprechung bereits dazu (OGH 11Os 39/16v). Ebenso fällt das Bereitstellen von falschen oder verfälschten Urkunden zur Ermöglichung der Einreise und unter Umständen bereits das Verköstigen und Verpflegen von Fremden auf deren Reise unter den Tatbestand der Schlepperei.

Zur Verwirklichung des Tatbestands ist zwar grundsätzlich Vorsatz auf jedes Tatbestandsmerkmal erforderlich. Jedoch genügt hier die geringste Form des Vorsatzes, der sogenannte Eventualvorsatz reicht daher aus. Das bedeutet, der Täter hält die Verwirklichung ernstlich für möglich und findet sich damit ab. Dies ist dann gegeben, wenn ich beispielsweise in Grenznähe Anhalter mitnehme und diese mich bezahlen, damit ich sie an einen bestimmten Ort bringe. Dann kann ich mich der Schlepperei strafbar machen. Es ist daher dringend davon abzuraten in Grenznähe Anhalter mitzunehmen.

Wann ist die Schlepperei als Verwaltungsübertretung zu bestrafen? 

Wer das oben beschriebene Delikt der Schlepperei begeht, also wer wissentlich die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs fördert, der verwirklicht grundsätzlich eine Verwaltungsübertretung nach § 120 Abs 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG). Dem Täter droht eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.000,00 bis € 5.000,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Wochen. Ebenso ist nach § 120 FPG zu bestrafen, wer mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union wissentlich erleichtert.

Wann ist Schlepperei als gerichtliche Straftat zu bestrafen?

Der Täter ist dann nach § 114 FPG wegen Schlepperei gerichtlich zu bestrafen, wenn er die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern.

Der Unterschied liegt somit darin, ob der Täter sich durch ein Entgelt unrechtmäßig durch die Schlepperei bereichert hat, dann ist er nach § 114 FPG zu bestrafen. Hat er sich nicht unrechtmäßig bereichert, ist er nur nach dem Verwaltungsstrafrecht zu bestrafen.

Was fällt unter Entgelt?

Der Begriff des Entgelts wird in § 74 StGB konkretisiert und bedeutet jede einer Bewertung in Geld zugängliche Gegenleistung auch, wenn sie einer anderen Person zugutekommen soll als der, der sie angeboten oder gegeben wird. Darunter sind nicht nur Geldleistungen zu verstehen, sondern auch Sachleistungen sowie Dienstleistungen verschiedenster Art. Auch sexuelle Dienste erfüllen die Definition des Entgelts.

Zudem ist weiters erforderlich, dass der Täter sich durch das geleistete Entgelt unrechtmäßig bereichern möchte. Ob eine solche vorliegt, ist in jedem Einzelfall genau zu prüfen. Grundsätzlich kann man sich zwar nicht auf einen Vertrag berufen, welcher gerade die rechtswidrige Ein- bzw. Durchreise gegen Entgelt zum Inhalt hat. Jedoch bedeutet dies nicht automatisch, dass der Erhalt eines jeden Entgelts auch automatisch eine unrechtmäßige Bereicherung nach sich zieht.

So hat der OGH etwa bereits ausgesprochen, dass ein Taxifahrer, der für eine Fahrt den ortsüblichen Preis verlangt, sich dadurch nicht unrechtmäßig bereichert und daher auch bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen den gerichtlich strafbaren Tatbestand der Schlepperei gemäß § 114 FPG nicht erfüllt. Dies gilt jedoch nur, wenn der vermeintliche Täter auch eine erforderliche Taxi- oder Mietwagenkonzession besitzt und kein überhöhtes Entgelt verlangt.

Eine Geringfügigkeitsgrenze ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht vorgesehen. Das heißt, dass selbst die kleinste unrechtmäßige Bereicherung dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt und daher eine Strafbarkeit nach sich zieht.

Welche Strafen drohen?

Begeht man das Delikt der gerichtlich strafbaren Schlepperei nach § 114 FPG beträgt die Strafandrohung bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe.

Wenn der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre bereits schon einmal wegen Schlepperei verurteilt worden ist, beträgt die Strafandrohung bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Als Verurteilung gilt auch eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht.

Zwischen sechs Monaten und fünf Jahren beträgt die Strafandrohung in folgenden Fällen:

  • Wenn man die Schlepperei gewerbsmäßig begeht, also sich selbst eine fortlaufende Einnahmequelle verschafft.
  • Wenn zumindest drei Fremde gleichzeitig geschleppt werden
  • Wenn man die Tat auf eine Art und Weise begeht, durch die der Fremde, insbesondere während der Beförderung, über längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wird. Ein solcher Zustand kann beispielsweise dann vorliegen, wenn der Geschleppte dazu gezwungen wird auf engen Raum ohne Bewegungsfreiheit, ohne Wasser und Nahrung oder unter extremen Temperaturen zu verharren. Wann das Erfordernis der „längeren Zeit“ erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Die Strafandrohung beträgt zwischen einem und zehn Jahren, wenn die Tat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangen wird. Eine solche ist gemäß § 278 StGB unter anderem ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung Vergehen nach § 114 FPG begangen werden.

Hier ist insbesondere an Mitglieder von sogenannten „Schlepper-Banden“ zu denken, deren Ziel es ist, gegen horrende Geldsummen so viele Menschen wie möglich unter teils verächtlichen Bedingungen nach Österreich zu schleusen. Die gleiche Strafandrohung von ein bis zehn Jahren ist dann anzuwenden, wenn durch die Schlepperei das Leben des Fremden konkret gefährdet wird.

Stand: Juli 2022

Fazit

Das Delikt der Schlepperei wird aufgrund des öffentlichen Druck derzeit extrem streng verfolgt und bestraft. Wir erleben häufig, dass beispielsweise Nachbarländer österreichischen Behörden Hinweise geben, sofern sie verdächtige Fahrzeuge auf ihrem Staatsgebiet sehen, damit diese nach der Einreise in Österreich festgenommen werden.

Sollten Sie wegen des Deliktes der Schlepperei festgenommen werden, wird fast immer Untersuchungshaft verhängt. Schlepperei ist ein Vorsatzdelikt und ist es daher sehr wichtig, das Sie keine Aussage tätigen, bis Sie mit mir als Ihrem Rechtsanwalt und Strafverteidiger gesprochen haben. Fall Ihre Deutschkenntnisse mangelhaft sind, sprechen wir in unserer Kanzlei auch die Sprachen Englisch, Arabisch und Tschetschenisch.

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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meinen Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren.

Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.

Stand 01.01.2024

Rechtsgrundlagen bei Schlepperei:

§ 120 FPG, §114 FPG, §74 StGB

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