Jugendstrafrecht

Strafbarkeit von Jugendlichen in Österreich

Jugendstrafrecht

Für Jugendliche gelten im österreichischen Strafrecht zahlreiche Ausnahmebestimmungen. Im Folgenden werden die Besonderheiten im Jugendstrafrecht erklärt:

Wann gilt man als Jugendlicher? 

Personen von 0 bis 14 Jahren sind nicht deliktsfähig, das bedeutet sie können sich nicht strafbar machen. Sie können also keine Anzeige bekommen und nicht von einem Gericht nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Für solche Jugendlichen können allerdings Erziehungsmaßnahmen gesetzt werden, wie beispielsweise die Unterbringung in einer betreuten Wohngemeinschaft. Unter 14 Jahren kann ein Jugendlicher in der Regel auch nicht zu Schadenersatz verpflichtet werden. Die Wiedergutmachung eines verursachten Schadens trifft die Eltern, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht schuldhaft nicht nachgekommen sind.

Jugendlichen ab dem 14. Lebensjahr bis zum 18. Lebensjahr fallen in Österreich unter das Jugendstrafrecht. Ab dem 18. Lebensjahr bis zum 21. Lebensjahr gilt man in Österreich noch als junger Erwachsener.

Welche Strafen drohen einem Jugendlichen nach Jugendstrafrecht?

Die Strafrahmen sind in vielen Fällen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen niedriger als bei Erwachsenen. Bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren gilt im Wesentlichen, dass nach § 5 Zif 4 Jugendgerichtsgesetz (JGG) das Höchstmaß aller angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen auf die Hälfte herabgesetzt wird und es keine zwingenden Mindeststrafen gibt. Zusätzlich bestimmt das Jugendgerichtsgesetz, dass auch die Geldstrafen für Jugendliche auf die Hälfte herabgesetzt werden. Des Weiteren dürfen solche Jugendlichen nur zu einer Freiheitsstrafe von maximal 15 Jahren verurteilt werden.

Welche Strafen drohen einem jungen Erwachsenen nach Jugendstrafrecht?

Für junge Erwachsene im Alter von 18 bis 21 Jahren richtet sich das Mindestmaß der angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen grundsätzlich nach jenem bei Jugendlichen. Das bedeutet es gibt keine zwingenden Mindeststrafen. Zudem darf auf keine strengere Freiheitsstrafe als 15 Jahre erkannt werden. Allerdings gelten seit 1. Januar 2020 für  junge Erwachsene, gemäß § 19 Abs 4 JGG die allgemeinen Strafandrohungen, wenn die Straftat mit Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens fünf Jahren bedroht ist und der Täter eine der folgenden Taten begangen hat:

  • Eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben
  • Eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung
  • Eine strafbare Handlung nach dem 25. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen)
  • Eine strafbare Handlung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung
  • Sowohl das Anführen als auch die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung

In solchen Fällen gilt somit das „Erwachsenenstrafrecht“, mit der Einschränkung, dass eine Freiheitsstrafe von maximal 20 Jahren verhängt werden darf.

Vormerkung im Strafregister: 

Gerichtliche Verurteilungen werden im Strafregister vermerkt. Eine Diversion steht nicht im Strafregister, sie scheint allerdings justizintern 10 Jahre lang auf. Bei Jugendlichen scheinen Verurteilungen jedoch erst ab einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten im Strafregister auf. Bei Erwachsenen scheinen Verurteilungen bereits ab einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten im Strafregister auf. Wann Vorstrafen im Strafregister wieder gelöscht werden finden Sie hier.

Mein Kind hat eine Ladung der Polizei oder des Gerichtes erhalten, was soll ich tun?

Wenn Ihr Kind eine schriftliche, eingeschriebene Ladung erhält, muss es bei der Polizei oder bei Gericht erscheinen. Ein unentschuldigtes Fernbleiben kann zu einer Ordnungsstrafe oder zur einer Vorführung durch die Polizei führen.

Der Jugendliche hat neben seinem Recht auf einen Rechtsanwalt immer das Recht, dass sein gesetzlicher Vertreter bei der Einvernahme anwesend ist. Wie auch bei Erwachsenen, sollte man auch als Jugendlicher nie eine Aussage ohne Rücksprache mit einem Rechtsanwalt tätigen.

Das gilt gerade für so schwere Delikte, wie das unter Jugendlichen häufige Abziehen oder Meier machen. Das bedeutet, wenn der Jugendliche einem Opfer mit Gewalt das Handy wegnimmt. Eine derartige Tat kann das Delikt des Raubes gemäß § 143 StGB erfüllen und beträgt der Strafrahmen dafür nach Jugendstrafrecht bis zu 7,5 Jahre. Das Gericht hat daher einen großen Gestaltungsraum, wie hoch es die Strafe festlegt. Daher muss man bereits mit der ersten Aussage auf einen Freispruch oder eine milde Strafe hinarbeiten.

Eine Vorstrafe, die im Strafregister eingetragen ist, kann gerade für Jugendliche, massive Konsequenzen haben. Jugendliche haben noch ihr ganzes Leben vor sich und ist eine Vorstrafe bei der Suche nach einem Arbeitsplatz oder Ausbildungsplatz von großem Nachteil. Daher ist es insbesondere bei Jugendlichen so wichtig, dass das Strafverfahren im Idealfall mit einem Freispruch endet oder mit einer Strafe die nicht im Strafregister aufscheint.

Stand: Juli 2022

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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meiner Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren. Weitere Hinweise zu strafrechtlichen Delikten finden Sie hier.

Mag. Sascha Flatz, Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen in 1010 Wien.

Rechtsgrundlagen:

Jugendgerichtsgesetz 1988

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