Welche Strafen drohen in Österreich bei einer Insolvenz?

Insolvenz

Sofern ein Unternehmer fällige Zahlungen nicht mehr befriedigen kann, wird er zahlungsunfähig und ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens notwendig. Das Vermögen des Schuldners soll liquidiert und unter allen Gläubigern gleichmäßig aufgeteilt werden. Dem Schuldner können aber bei einer Insolvenz auch Strafverfahren drohen. Was ein Schuldner bei einem Insolvenzverfahren daher beachten sollte, wird in dem Artikel erklärt.

Welche Strafen drohen bei einer Insolvenz?

Damit das Vermögen auch unter allen Gläubigern gleichmäßig aufgeteilt wird, bestehen im österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) mehrere Strafbestimmungen. Diese Strafbestimmungen stellen, eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Begünstigung bzw Benachteiligung von Gläubigern durch den Geschäftsführer eines Unternehmers unter Strafe. Im folgenden werden die einzelnen in Frage kommenden Delikte genauer erläutert.

Betrügerische Krida gemäß § 156 StGB

Der Tatbestand der betrügerischen Krida soll die Gläubiger schützen und kann nur von Personen begangen werden, die mehr als zwei Gläubiger haben. Gläubiger sind Personen, die eine Forderung gegen den Schuldner haben.

Sofern ein Schuldner die Interessen seiner Gläubiger vorsätzlich beeinträchtigt, macht er sich des Deliktes der betrügerischen Krida schuldig. Demnach ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wer einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht, beiseiteschafft, veräußert oder beschädigt, eine nicht bestehende Verbindlichkeit vorschützt oder anerkennt oder sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert und dadurch die Befriedigung zumindest eines Gläubigers vereitelt oder schmälert.

Ein Verheimlichen liegt dann vor, wenn der Täter beispielsweise sein Vermögen im Ausland nicht bekanntgibt, oder er zB eine Liegenschaft erbt und diese nicht bekannt gibt. Unter Beiseiteschaffen versteht die Rechtsprechung beispielsweise den Fall, dass für den Geschäftsführer bereits absehbar ist, dass er seine Schulden nicht mehr begleichen kann und noch schnell sein Vermögen ins Ausland bringt, um zu Verhindern, das diese verwertet wird.

Übersteigt der Schaden, der durch die Tat entstanden ist, die Summe von € 300.000,00 erhöht sich das Strafmaß auf ein bis zehn Jahre Haft.

Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 StGB

Aber auch wer mit grober Fahrlässigkeit handelt, kann im Zusammenhang mit einer Insolvenz einen Straftatbestand verwirklichen. Der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 StGB macht sich strafbar, wer

  • grob fahrlässig durch kridaträchtiges Verhalten seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt
  • in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit durch kridaträchtiges grob fahrlässiges Verhalten die Befriedigung zumindest einer seiner Gläubiger vereitelt oder schmälert
  • wer grob fahrlässig durch kridaträchtiges Verhalten seine wirtschaftliche Lage so beeinträchtigt, dass Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre, wenn nicht von anderer Seite Maßnahmen oder Zuwendungen veranlasst worden wären.

In all diesen Fällen beträgt die Strafe grundsätzlich bis zu einem Jahr Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen. Das Strafmaß wird auf zwei Jahre erhöht, wenn in den ersten beiden Fällen ein Befriedigungsausfall seiner Gläubiger in der Höhe von mehr als € 1.000.000,00 verwirklicht wird oder die Handlungen die wirtschaftliche Existenz vieler Menschen schädigt (oder im letzten Fall geschädigt hätte).

Kridaträchtige Handlungen 

Unter kridaträchtigen Handlungen sind die folgenden, entgegen den Grundsätzen des ordentlichen Wirtschaftens gesetzten Verhaltensweisen zu verstehen:

  • Zerstörung, Beschädigung, Unbrauchbarmachen, Verschleudern oder Verschenken des ganzen oder eines bedeutenden Bestandteils seines Vermögens
  • Abschließen eines gewagten Geschäfts außerhalb des gewöhnlichen Wirtschaftsbetriebs oder das Ausgeben von übermäßig hohen Beträgen durch Wette oder Spiel
  • übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen oder seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand treiben
  • keine oder sorgfaltslose Führung der Geschäftsbücher und Unterlassen sonstiger erforderlicher Kontrollmaßnahmen um den Überblick über die wahre finanzielle Lage zu behalten
  • keine oder verspätete Erstellung von Jahresabschlüssen

All den Fällen des § 159 StGB ist gemein, dass „grobe Fahrlässigkeit“ im Sinne des § 6 Abs 3 StGB vorliegen muss. Dies bedeutet, dass im Kontext des Gläubigerschutzes eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltswidrigkeit vorliegen muss (RS0129425). Nach der Rechtsprechung ist eine Betrachtung im Einzelfall anzustellen. Es soll also nicht jedes Fehlverhalten strafbar sein, welches rückblickend zu einer Zahlungsunfähigkeit oder Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen geführt hat.

Ein „normales“ unternehmerisches Risiko soll straffrei bleiben, weshalb die Strafbarkeit auf grobe Fahrlässigkeit eingeschränkt ist. Hierdurch wird Unternehmern ein größerer Spielraum gelassen ohne dass diese aufgrund falschen Entscheidung gleich strafrechtlich verfolgt werden.

Begünstigung eines Gläubigers § 158 StGB

Ein Geschäftsführer macht sich nicht nur strafbar, wenn er sich selbst begünstigt, sondern auch dann, wenn er einzelne Gläubiger begünstigt. Nach § 158 StGB macht sich strafbar, wer einen Gläubiger begünstigt und dadurch zumindest einen anderen Gläubiger benachteiligt, nachdem bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Das bedeutet, der Schuldner bezahlt einem Gläubiger seine Forderung, obwohl er bereits weiß, dass er die Forderungen der anderen Gläubiger nicht mehr befriedigen kann. Dadurch schädigt er die anderen Gläubiger, da diese keine oder eine geringer Zahlung erhalten.

Strafbarkeit der Gläubiger im Falle einer Insolvenz

Nicht nur der Schuldner kann sich bei einer Insolvenz strafbar machen, auch die Gläubiger können sich durch ihr handeln strafbar machen. Wer einem Schuldner zB dabei hilft sein Vermögen oder einen Teil davon beiseitezuschaffen und dabei mit dem Vorsatz handelt einen Gläubiger zu schädigen kann als Beitragstäter zur betrügerischen Krida nach § 156 StGB verfolgt werden. Handelt der Schuldner jedoch fahrlässig macht er sich nicht strafbar.

Schädigung fremder Gläubiger gemäß § 157 StGB

Der Gläubiger kann sich aber auch strafbar machen, wenn er ohne Einverständnis des Schuldners einen Bestandteil des Vermögens des Schuldners verheimlicht, beiseite schafft, veräußert oder beschädigt oder ein nicht bestehendes Recht gegen das Vermögen des Schuldners geltend macht und dadurch die Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert.

Weitere mögliche Delikte wie Untreue und Betrug

Zusätzlich können auch andere als die spezifischen Gläubigerschutzdelikte im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren verwirklicht werden.

Ein solches Delikt ist der Betrug nach §146 StGB. Dieser bestimmt die Strafbarkeit desjenigen, der durch eine Täuschung über Tatsachen einen anderen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die gleichzeitig jemandem am Vermögen schädigt und den Täter unrechtmäßig bereichert. Dies kann etwa dann verwirklicht werden, wenn der Schuldner in Kenntnis seiner (drohenden) Zahlungsunfähigkeit eine Verpflichtung eingeht, von der auszugehen ist, dass sie nicht erfüllt werden kann. Weitere Einzelheiten zu dem Delikt Betrug und welche Strafen  dafür drohen finden Sie hier

Ein weiteres Delikt, welches bei einer Insolvenz in Frage kommt, ist das Delikt der Untreue gemäß § 153 StGB. Untreue liegt vor, wenn jemand seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht um jemand anderen am Vermögen zu schädigen. Bei einer (drohenden) Insolvenz kann es dazu kommen, dass Organe einer Gesellschaft Kapital entziehen und dadurch die Gesellschaft und deren Gläubiger schädigen. Hier muss kein Bereicherungs-, sondern lediglich Schädigungsvorsatz bestehen. Weitere Einzelheiten um Delikt Untreue und welche Strafen dafür drohen, finden Sie hier

Tätige Reue gemäß § 167 StGB

Bei allen Gläubigerschutzdelikten, sowie den Delikten des Betrugs und der Untreue, gibt es die Möglichkeit, dass ein Täter bei tätiger Reue gemäß 167 StGB straffrei ausgeht. Das bedeutet, dass, obwohl ein Delikt bereits vollendet ist, der Täter unter bestimmten Voraussetzungen nicht dafür bestraft wird.

Hierzu ist es notwendig, dass der aus der Tat resultierende Schaden entweder zur Gänze wiedergutgemacht wurde oder sich vertraglich dazu verpflichtet (und diese Verpflichtung auch erfüllt). Außerdem kann Straffreiheit nur eintreten bevor eine Behörde vom Verschulden erfahren hat. Es muss sich dabei um eine Strafverfolgungsbehörde handeln und auch als solche agieren.

Auch wer im Zuge einer Selbstanzeige der Behörde sein Verschulden offenbart und naturgemäß den Schaden ersetzt bleibt straffrei aufgrund tätiger Reue. Ebenfalls ist es möglich, dass ein Dritter den Schaden im Namen des Schuldners begleicht.

Fazit:

Sobald absehbar ist, dass man in Zahlungsschwierigkeiten kommt, sollte man sich immer sofort rechtlichen Rat einholen, um zu Vermeiden, dass man sich zusätzlich zur Zahlungsunfähigkeit strafbar macht. Gerade die ersten Handlungen, nachdem absehbar ist, dass eine Zahlungsfähigkeit droht, können entscheidend für das ganze Verfahren sein.

Stand: Januar 2023

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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meinen Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren.

Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.

Rechtsgrundlagen für die möglichen Strafen bei einer Insolvenz:

§ 156 StGB, § 158 StGB, § 159 StGB, § 167 StGB

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