Welche Strafe droht in Österreich bei Nötigung?
Die Nötigung ist eine sehr häufig begangene Straftat in Österreich. Insbesondere im Familienkreis wird dieses Delikt oft begangen und ist den Tätern die hohe Strafandrohung nicht bewusst. Das österreichische Strafrecht unterscheidet zwischen der einfachen Nötigung und der schweren Nötigung. Wann eine Nötigung genau vorliegt, wird im Folgenden erklärt.
Wann liegt eine Nötigung gemäß § 105 StGB vor?
§ 105 des österreichischen Strafgesetzbuchs bestimmt, dass wer einen anderen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen ist.
Die Tat ist allerdings nicht rechtswidrig und somit nicht strafbar, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet.
Was bedeutet Gewalt?
Was ist eine gefährliche Drohung?
Wann liegt eine versuchte Nötigung vor?
Wann liegt eine schwere Nötigung vor?
Eine schwere Nötigung gemäß § 106 StGB begeht der Täter, wenn er
- mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, mit einer Brandstiftung, mit einer Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht,
- die genötigte oder eine andere Person, gegen die sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, durch diese Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder
- die genötigte Person zur Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung (§ 215a Abs. 3) oder sonst zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung veranlasst, die besonders wichtige Interessen der genötigten oder einer dritten Person verletzt.
Bei einer schweren Nötigung liegt die Strafandrohung bei 6 Monaten bis 5 Jahren. Hat die Tat allerdings den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch des Opfers zur Folge beträgt die Strafandrohung von einem bis zu 10 Jahren.
Mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu 10 Jahren ist ebenso zu bestrafen, wer eine Nötigung zur Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung gegen eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begeht, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3) gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat.
Beispiele für Nötigungen:
- Die Drohung mit einer Strafanzeige, um einen nicht zustehenden Geldbetrag abzunötigen;
- Die Drohung mit der Veröffentlichung von Nacktfotos oder Sexvideos, um weitere Fotos zu fordern;
- Die Erzwingung der Freilassung nach einer rechtmäßigen Festnahme;
- Das aus der Hand schlagen eines Mobiltelefons;
- Jegliches unberechtigtes starkes Festhalten, Wegstoßen, Ziehen, Zerren an einer Person kann eine Nötigung darstellen.
Nötigung im Straßenverkehr:
Wann ist die Nötigung nicht strafbar?
Die Tat ist nicht rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet.
Die Annahme des Rechtfertigungsgrundes nach § 105 Abs 2 StGB setzt daher nicht nur voraus, dass sowohl das angewendete Nötigungsmittel als auch der Nötigungszweck den guten Sitten nicht widerstreitet; es muss zwischen beiden auch ein sachlicher Zusammenhang im Sinn einer Mittel-Zweck-Beziehung bestehen. Danach liegt umgekehrt Rechtswidrigkeit ua dann vor, wenn ein qualitatives Missverhältnis zwischen dem eingesetzten Mittel und dem erstrebten Zweck besteht oder wenn gerade die spezifische Verknüpfung von Mittel und Zweck sittenwidrig ist.
Die Androhung einer Strafanzeige ist zum Beispiel dann nicht unsachlich, noch stellt es die Ausübung ungerechtfertigten Druckes dar, wenn eine mit der Straftat in Zusammenhang stehende Ersatzforderung durchgesetzt werden soll.
Zum Beispiel ist die Drohung einer Strafanzeige wegen Körperverletzung, wenn kein Schmerzensgeld bezahlt wird, zulässig. Ebenso zulässig ist die Androhung einer Klage, wenn der Lohn nicht bezahlt wird. Nicht zulässig, ist jedoch die Drohung mit einer Anzeige beim Finanzamt wegen vermuteter Steuerhinterziehung, wenn der Lohn oder das Schmerzensgeld nicht bezahlt wird. Zulässig ist, die Drohung die Polizei zu alarmieren und Strafanzeige zu erstatten, wenn jemand den Zugang zum eigenen Grundstück blockiert. Nicht zulässig, dagegen ist ihm zu drohen, ihn über den Haufen zu fahren.
Auch überzogene Forderungen sind unzulässig. Das wäre der Fall wenn ich von einem ertappten Ladendieb, der Waren im Wert von € 10,00 gestohlen hat, € 750,00 verlange, damit ich auf eine Strafanzeige verzichte. Dies, für vermutete frühere Diebstähle in der Vergangenheit. Damit ist der Tatbestand der Nötigung erfüllt.
Geschlechtliche Nötigung:
Es gibt auch den Tatbestand der geschlechtlichen Nötigung. Dazu bestimmt § 202 StGB, dass wer außer den Fällen des § 201 (Vergewaltigung) eine Person mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung nötigt, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen ist.
Eine geschlechtliche Nötigung liegt dann vor, wenn der Täter am Opfer geschlechtliche Handlungen vorgenommen hat, die einem Beischlaf nicht gleichzusetzen sind. Für eine geschlechtliche Nötigung reicht es, wenn der Täter mit Gewalt eine geschlechtliche Handlung gegen den Willen des Opfers vornimmt oder das Opfer bedroht und dann die geschlechtliche Handlung vornimmt. Mehr zu der Frage, wann eine geschlechtliche Nötigung vorliegt finden Sie hier.
Fazit:
Das Delikt der Nötigung wird sehr streng bestraft und kann in einer aufgeregten Situation sehr leicht begangen werden. Allerdings handelt es sich um ein Vorsatzdelikt und macht man sich auch dann nicht strafbar, wenn die Anwendung von Gewalt oder Drohung nicht den guten Sitten widerspricht. Daher ist es sehr wichtig, dass Sie keinesfalls eine Aussage bei Gericht oder der Polizei tätigen, bevor Sie mit einem Rechtsanwalt gesprochen haben, damit Sie sich keinesfalls selbst belasten.
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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meinen Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren.
Stand: Mai 2023
Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.
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Rechtsgrundlagen für die Strafen bei Nötigung:
§§ 105, 106 StGB und § 74 StGB, § 202 StGB