Lenkerberechtigung

Wann kann der Führerschein abgenommen werden?

Viele Autofahrer wissen nicht, aufgrund welcher Delikte der Entzug des Führerscheines (Lenkerberechtigung) drohen kann. Allgemein bekannt ist, dass schwere Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung sowie Alkohol oder Drogen am Steuer, zum Entzug des Führerscheines  führen können. Aber auch strafbare Handlungen nach dem Strafgesetzbuch können zum Führerscheinentzug führen.

Wann kann der Führerschein wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen werden?

In § 3 Führerscheingesetz (FSG) werden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung aufgezählt. Die Lenkerberechtigung darf nur an Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässsig, gesundheitlich geeignet und die fachlich Befähigt sind.

Die Verkehrszuverlässigkeit ist in § 7 FSG definiert. Gemäß des § 7 FSG ist eine Person dann verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass die betreffende Person wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen entweder

  • die Verkehrssicherheit durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder Trunkenheit oder durch einen aufgrund von Suchtmittel oder Medikamenten beeinträchtigten Zustand gefährden wird oder
  • sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbaren Handlungen schuldig machen wird.

Die drohenden Entzugszeiten der Lenkerberechtigung aufgrund von Geschwindigkeitsübertretungen oder Alkohol und Drogen am Steuer finden Sie unten und werden daher in diesem Artikel nicht weiter behandelt.

Als rücksichtsloses Verhalten gelten folgende Delikte:

  • Geschwindigkeitsübertretungen im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h und außerhalb des Ortsgebiet um mehr als 50 km/h; 
  • Fahren trotz entzogener Lenkerberechtigung;
  • Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Kraftfahrer nicht eingehalten;

Folgende Delikte gelten als Übertretungen die geeignet sind, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder die mit besonderer Rücksichtslosigkeit begangen wurden:

  • erhebliche Geschwindigkeitsübertretungen vor Schulen, Kindergärten, Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten.
  • Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 90 Km/h innerorts und 100 km/h außerorts;  
  • Unterschreiten des zeitlichen Sicherheitsabstand zum vorderen Fahrzeug um 0,2 Sekunden;
  • Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten Sichtverhältnissen;
  • Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen (Geisterfahrer).

Führerscheinentzug aufgrund einer gerichtlichen Straftat:

Der Führerschein kann gemäß § 7 Abs 3 FSG auch aufgrund einer begangenen gerichtlichen Straftat entzogen werden, wenn dadurch eine mangelnde Verkehrszuverlässigkeit gegeben ist. Begründet wird dies damit, dass die Verwendung eines Fahrzeuges schwere Straftaten erleichtern kann. Das bedeutet, sofern man eines der folgenden angeführten Delikte begangen hat, gilt die gesetzliche Vermutung der Verkehrsunzuverlässigkeit und der Führerschein wird entzogen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Fahrzeug bei diesen Straftaten benutzt wurde. Dies ist insbesondere bei folgenden Delikten der Fall:

  • Delikte gegen Leib und Leben, wie Mord (§ 75 StGB), Totschlag (§ 76 StGB) schwere Körperverletzung (§§ 84 bis 87 StGB), oder auch eine mehrmals begangene leichte Körperverletzung (§ 83 StGB) ;
  • Delikte gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, wie Vergewaltigung (§ 201 StGB), geschlechtliche Nötigung (§ 202 StGB), sexueller Missbrauch einer wehrlosen, psychisch beeinträchtigten Person oder einer Unmündigen (§§ 203 bis 207 StGB);
  • Delikte gegen fremdes Vermögen, wie räuberischer Diebstahl (§ 131 StGB) oder Raub (§§ 142, 143 StGB), aber auch erpresserische Entführung (§ 102 StGB);
  • Handel mit Suchtgiften (§28a SMG) oder psychotropischen Stoffen (§ 31a SMG);
  • die wiederholte Begehung einer Straftat in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand (§ 287 StGB);
  • Fahrerflucht mit Personenschaden.

Es genügt wenn die strafbare Handlung einmal begangen wurde, um die Verkehrszuverlässigkeit auszuschließen. Lediglich bei der leichten Straftaten, wie der einfachen Körperverletzung, oder den nicht in § 7 Abs 3 FSG aufgezählten Delikten, ist eine wiederholte Begehung notwendig, um die Verkehrszuverlässigkeit auszuschließen. Das bedeutet, der Führerschein kann grundsätzlich wegen jeder Straftat, die den oben angeführten an Unrechtsgehalt und Bedeutung gleich sind, entzogen werden. Wenn allerdings mehr als fünf Jahre seit der Begehung des Deliktes vergangen sind, darf der Führerschein nicht mehr wegen mangelnder Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen werden. 

Wie wird beurteilt, ob durch eine Tat die Verkehrsunzuverlässigkeit gegeben ist?

Für die Wertung der Taten, also ob die Verkehrsunzuverlässigkeit gegeben ist, ist die Verwerflichkeit der Tat, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die seither verstrichene Zeit sowie das Verhalten während dieser Zeit zu berücksichtigen. Bei dieser Wertung sind auch Straftaten heranzuziehen, welche vor fünf Jahren begangen wurden.

Zu beachten ist, dass die in § 7 Abs 3 Z 7 bis 10 FSG angeführten strafbaren Handlungen nicht unbedingt mit dem Lenken eines Fahrzeugs in Zusammenhang stehen müssen. Wurde man zum Beispiel wegen eines Raubes gerichtlich verurteilt, kann die Behörde mit der Begründung der fehlenden Verkehrszuverlässigkeit schon die Erteilung einer Lenkberechtigung ablehnen, da angenommen wird, dass die Begehung der strafbaren Handlung durch das Lenken eines Fahrzeuges erleichtert wird.

Wie lange kann der Führerschein entzogen werden?

Die Dauer der Entziehung hängt von der Schwere der Übertretung ab. Gemäß § 25 Abs 3 FSG ist bei einer Entziehung aufgrund mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Dauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Scheinen bereits im Vormerksystem weitere Delikte auf, ist die Zeit pro Delikt um mindestens zwei Wochen zu verlängern.

Hat der Fahrzeuglenker jedoch eines der oben angeführten Delikte gesetzt, das geeignet ist besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit begangen wurde, beträgt die Entzugsdauer gemäß § 26 Abs 1 FSG mindestens sechs Monate. 

Wurde man wegen einer Straftat gerichtlich zu einer Haftstrafe verurteilt, kann die Behörde anordnen, dass Entzugsdauer der Lenkberechtigung erst nach der Haftentlassung beginnt. Dies gilt allerdings nicht bei einer erheblichen Länge der Haftstrafe, beispielsweise über 5 Jahre.

In den meisten Fällen erfolgt der Führerscheinentzug mittels Bescheides durch die zuständige Behörde (z.B. die Bezirkshauptmannschaft). In gewissen Fällen können und dürfen aber auch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (in der Regel Polizeibeamte) den Führerschein vorläufig abnehmen. Das ist in § 39 FSG geregelt. Wenn aus dem Verhalten des Fahrzeuglenkers deutlich zu erkennen ist, dass er insbesondere aufgrund Alkohol- oder Suchtmittelgenusses, Einnahme von Medikamenten oder eines außergewöhnlichen Erregungszustandes nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist oder Körper besitzt. 

So kann der Führerscheinentzug abgewendet werden! 

Je nachdem welches Delikt Sie verwirklicht haben, zum Beispiel eine Geschwindigkeitsübertretung oder Alkoholisierung wird ein Verwaltungsstrafverfahren und ein Führerscheinentzugsverfahren gegen Sie eingeleitet. Im Verwaltungsstrafverfahren erhalten Sie eine Aufforderung zu Rechtfertigung. Sobald Sie diese Aufforderung zur Rechtigung erhalten haben, sollten Sie sich sofort an mich wenden. Gemäß § 19 VStG sind nämlich auch im Verwaltungsstrafverfahren die Erschwerungs- und Milderungsgründe, sowie das Ausmaß des Verschuldens zu berücksichtigen und die Strafe dementsprechend zu bemessen. Zusätzlich sind auch sind das Einkommen und die Sorgepflichten des Fahrzeuglenkers bei der Höhe der Verwaltungsstrafe zu berücksichtigen. Daran halten sich Behörden jedoch oft nicht. Ich kann daher durch das Verfassen einer Rechtfertigung erreichen, dass keine oder zumindest eine milde Verwaltungsstrafe über Sie verhängt wird.

Wird der Führerscheinentzug von der Behörde mittels Bescheides ausgesprochen, kann gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen Vorstellung bei der Behörde, welche den Führerschein entzogen hat, erhoben werden. Dann wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Behörde entscheidet erneut. Dagegen gibt es dann binnen vier Wochen das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht. Will man einen Entzug des Führerscheins verhindern, muss allerdings unbedingt auch das Verwaltungsstrafverfahren geführt werden, da andernfalls eine Bindungswirkung entsteht!

Fazit

Ich erlebe in der Praxis immer wieder, dass Behörden den Führerschein wegen Straftaten entziehen, welche dies nicht rechtfertigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrmals ausgesprochen, dass ein Führerscheinentzug aufgrund einer gefährlichen Drohung oder eines Diebstahls nicht gerechtfertigt ist. Trotzdem entziehen Behörden immer wieder wegen solcher Delikte den Führerschein. Ich habe bereits zahlreiche Führerscheinentzugsverfahren gegen Behörden geführt und habe daher als Rechtsanwalt viel Erfahrung in diesem Bereich. Ich kann daher durch das Prüfen des Bescheides und das Erheben eines Rechtsmittels eine Aufhebung des Führerscheinentzugs oder Reduzierung der Entzugsdauer erreichen.

Artikel teilen:


Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meinen Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren.

Mag. Sascha Flatz, Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen in 1010 Wien.

Rechtsgrundlagen für den Entzug der Lenkerberechtigung:

FSG, StVO, StGB, SMG

© Rechtsanwalt 1010 Wien, Mag Sascha Flatz | Datenschutz | Allgemeine Auftragsbedingungen | Impressum

Erfahrungen & Bewertungen zu Sascha Flatz
Rechtsanwalt Mag Sascha Flatz hat 4,93 von 5 Sternen 306 Bewertungen auf ProvenExpert.com