Welche Strafe droht bei einer Falschaussage vor Gericht oder der Polizei?

Der Prozess gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz wegen dem Vorwurf der Falschaussage begann am 18.10.2023. In Österreich herrscht Wahrheitspflicht der Zeugen. Wann man sich in Österreich wegen des Deliktes der falschen Beweissausage vor Gericht oder der Polizei strafbar machen kann und welche Strafe konkret droht, wird im folgenden Artikel erklärt.

Was ist eine Falschaussage nach § 288 Strafgesetzbuch (StGB)?

Gemäß § 288 Abs 1 macht sich strafbar, wer vor Gericht als Zeuge oder, soweit er nicht zugleich Partei ist, als Auskunftsperson bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt oder als Sachverständiger einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten erstattet.

Ebenfalls strafbar macht sich nach Absatz 3, wer eine Falschaussage im Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates oder einer Disziplinarbehörde des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde macht.

Gemäß § 288 Abs 4 macht sich zudem strafbar, wer als Zeuge oder Sachverständiger in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft oder europäischer Staatsanwaltschaft falsch aussagt oder einen falschen Befund oder Gutachten erstattet.

Welche Strafen drohen für das Delikt der falschen Beweisaussage?

Grundsätzlich beträgt die Strafandrohung für dieses Delikt bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Wenn ich jedoch eine Falschaussage unter Eid ablege, beträgt die Strafandrohung gemäß § 288 Abs 2 sechs Monate bis zu fünf Jahre. Dies wird auch als Meineid bezeichnet und weiter unten erklärt.

Wann macht man sich durch eine Falschaussage strafbar?

Als Täter nach § 288 StGB kommen prinzipiell nur Zeugen, Auskunftspersonen und Sachverständige in Betracht. Auskunftspersonen sind Personen, die in besonderen Rechtsmaterien vernommen werden.

Sachverständige sind Personen, die auf Grund ihrer besonderen Sachkunde wissenschaftliche Erfahrungssätze mitteilen, fachmännisch Tatsachen erheben bzw feststellen sowie auch Schlussfolgerungen ziehen.

In der Praxis stehen jedoch meist Zeugen im Verdacht, falsch ausgesagt zu haben. Zeugen sind Personen, die unter Wahrheitspflicht ihre sinnlichen, mit dem Gegenstand des Verfahrens zusammenhängenden Wahrnehmungen über Tatsachen angeben. Das heißt, sie müssen alles angeben, was sie durch ihre Sinne wahrgenommen haben.

Begangen wird die Tat vom Zeugen durch die falsche Aussage bei einer förmlichen Vernehmung zur Sache. Im Regelfall erfolgt die Aussage mittels gesprochenen Wortes, unter Umständen können aber auch Gesten, zum Beispiel Kopfnicken, genügen.

Falsch ist eine Beweisaussage, wenn der Bericht des Zeugen den Tatsachen nicht entspricht. Maßgeblich ist hier, ob ein Widerspruch zwischen dem Inhalt der Aussage und dem tatsächlichen Geschehen oder Zustand vorliegt.

Das häufigste Beispiel in der Praxis ist, dass ein Zeuge vor Gericht oder der Polizei einen Sachverhalt anders schildert oder erfindet, um den wahren Straftäter zu decken und ihm ein Alibi zu verschaffen.

Eine Falschaussage liegt aber auch dann vor, wenn ein Zeuge behauptet, er habe einen Vorfall selbst wahrgenommen, obwohl dies dies nicht hat. Dies kommt in der Praxis häufig vor, wenn der Zeuge vorsätzlich falsch aussagt, um eine an sich wahre Tatsache zu beweisen.

Auch das Verschweigen erheblicher Tatsachen kann eine Falschaussage sein, selbst wenn der Zeuge nicht ausdrücklich danach befragt wurde, sofern die verschwiegene Tatsache nicht ganz außerhalb des Beweisthemas liegt bzw. die Aussage den Anschein der Vollständigkeit in Bezug auf das Beweisthema hervorrufen musste.

Es spielt übrigens keine Rolle, ob die falsche Beweisaussage einen Einfluss auf die Sachentscheidung hat oder nicht. Strafbar macht man sich bereits im Zeitpunkt der falschen Aussage.

Muss ich immer aussagen, wenn ich vor Gericht oder der Polizei dazu aufgefordert werde?

Wenn ich bei der Polizei oder dem Gericht als Beschuldigter oder Angeklagter vernommen werde, darf ich die Aussage verweigern. Unter gewissen Umständen ist man auch als  Zeuge gemäß § 157 StPO zur Verweigerung der Aussage berechtigt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, soweit man ansonsten mit seiner Aussage sich oder einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde oder im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren der Gefahr aussetzen würde, sich über ihre bisherige Aussage hinaus selbst zu belasten.

Darüber hinaus sind beispielsweise auch Angehörige bestimmter Berufe, wie Rechtsanwälte, Psychiater oder Journalisten zur Verweigerung der Aussage berechtigt.

Wann ist eine Falschaussage nicht strafbar?

Grundsätzlich ist eine falsche Beweisaussage nur bei einer förmlichen Vernehmung zur Sache strafbar. Das bedeutetet, dem Befragten muss seine Stellung als zur Angabe der Wahrheit verpflichteter Zeuge bewusst sein. Nur dann ist eine Falschaussage strafbar.

Beschuldigte und Angeklagte dürfen sogar straffrei eine Falschaussage tätigen, so lange sie niemanden anderen falsch verdächtigten oder belasten.

Zudem gibt es den Aussagenotstand. Gemäß § 290 StGB ist ein Zeuge nicht zu bestrafen, wenn er eine falsche Beweisaussage ablegt, um von sich oder einem Angehörigen Schande oder die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines unmittelbaren und bedeutenden vermögensrechtlichen Nachteils abzuwenden. Dies, sofern er von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses befreit war oder hätte befreit werden können und wenn er nicht wusste, dass dies der Fall war. Zudem wenn er den Befreiungsgrund nicht geoffenbart hat, um die schon aus der Offenbarung drohenden strafrechtlichen Folgen der bezeichneten Art abzuwenden, oder zur Ablegung der Aussage zu Unrecht verhalten worden ist.

Was ist ein Meineid?

Die höhere Strafdrohung für Meineid von sechs Monaten bis zu fünf Jahren droht dann, wenn man vor Gericht oder vor einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates bzw. einer Disziplinarbehörde des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde eine falsche Beweisaussage unter Eid ablegt, eine frühere falsche Beweisaussage mit einem Eid bekräftigt oder sonst einen in den Gesetzen vorgesehenen Eid vor Gericht falsch ablegt. Eine Vereidigung von Zeugen oder Parteien gibt es nur noch in Zivilprozessen. Eine eidesstattliche Erklärung ist jedoch kein Eid im Sinne des § 288 Abs 2 StGB!

Ist die falsche Beweisaussage auch vor Verwaltungsbehörden strafbar?

§ 289 StGB regelt die falsche Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde und ist diese im Wesentlichen unter den gleichen Voraussetzungen wie die falsche Beweisaussage vor Gerichten bzw. den anderen in § 288 genannten Behörden strafbar.

Der Strafrahmen beträgt hier jedoch bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen und ist daher geringer als der Strafrahmen nach § 288 StGB. Verwaltungsbehörden sind Dienststellen oder Organe einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zur Besorgung von Angelegenheit der Hoheitsverwaltung berufen sind. Dies sind beispielsweise die Bezirkshauptmannschaften oder auch die Datenschutzbehörde.

Fazit:

Wenn man vor Gericht, der Polizei oder einer Behörde als Sachverständiger oder insbesondere als Zeuge aussagen soll, sollte man sich davor an einen Rechtsanwalt wenden und diesen im Zweifel auch zur Befragung beiziehen. Dies, da häufig ein Aussageverweigerungsrecht zusteht und Zeugen, ohne darüber Bescheid zu wissen, dennoch eine Aussage tätigen und dann nachher selbst Beschuldigter in einem Strafverfahren sind. Außerdem erleben wir immer wieder, dass Personen von der Polizei als Zeugen geladen werden und Ihnen dann vor Ort erklärt wird, dass sie jetzt als Beschuldigte vernommen werden. Sofern ich eine Falschaussage noch in der Vernehmung widerrufe, mache ich mich nicht strafbar.

Sofern man wegen falscher Beweisaussage angeklagt worden ist, sollte man sich sofort an einen Rechtsanwalt wenden. Die falsche Beweisaussage ist nämlich ein Vorsatzdelikt, das bedeutet es ist nur die wissentliche Falschaussage strafbar. Ob der Vorsatz vorhanden war oder nicht, entscheidet ein Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung. Daher sollte man unbedingt, ab der ersten Aussage, einen Verteidiger in Strafsachen hinzuzuziehen, sofern man wegen einer vermeintlichen falschen Beweisaussage geladen wird. Dies, da sämtliche Aussagen des Angeklagten dann herangezogen werden, um zu beurteilen, ob der Vorsatz tatsächlich vorhanden war oder der Angeklagte mangels Vorsatz freizusprechen ist.

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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie uns gerne jederzeit während unserer Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren. Weitere Hinweise zu strafrechtlichen Delikten finden Sie hier

Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.

Rechtsgrundlagen für die Strafe bei Falscher Beweisaussage:

§§ 288, 289 290

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