Ehrenbeleidigung

Welche Entschädigungen stehen wegen Ehrenbeleidigung im Internet zu?

Beleidigungen können nicht nur strafrechtliche Konsequenzen haben, sie können vor allem zivilrechtliche Konsequenzen haben, die Entschädigungszahlungen und hohe Rechtsanwalts- und Gerichtskosten verursachen können.

Zivilrechtliche Folgen einer Beleidigung oder üblen Nachrede

Das Medienrecht ist äußerst komplex und soll hier nur ein kurzer Überblick gegeben werden, der keinesfalls eine Rechtsberatung ersetzen kann.

Die häufigsten Fälle von Beleidigungen, übler Nachrede oder Verleumdung (im Folgenden nur „Ehrenbeleidigung“) finden heute in den Sozialen Medien, wie Facebook, Instagram oder X statt. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen, welche hier erklärt werden, können solche Äußerungen auch erhebliche zivilrechtliche Folgen haben. Im Folgenden werden die Rechtsfolgen von Ehrenbeleidigungen von Privatpersonen in den Sozialen Medien, nach dem Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) sowie dem Medienrecht (MedienG) erklärt.

Zivilrechtliche Ansprüche nach eine Ehrenbeleidigung gemäß § 1330 ABGB:

Hat der Verfasser eine Ehrenbeleidigung in den Sozialen Medien geschrieben hat der Betroffene folgende Ansprüche gemäß § 1330 ABGB:

Unterlassungsanspruch 

Der Verfasser kann nach einer Ehrenbeleidigung verpflichtet werden, künftige ehrverletzende Äußerungen zu unterlassen. Dies durch einen Unterlassungsauftrag gemäß § 549 ZPO oder eine Unterlassungsklage gemäß § 1330 ABGB begehrt werden. Achtung, eine Unterlassungsklage, hat wesentlich höhere Anwalts- und Gerichtskosten zur Folge als ein Unterlassungsauftrag nach § 549 ZPO.

Widerruf / Richtigstellung

Bei unwahren oder kreditschädigenden Aussagen besteht ein Anspruch auf Widerruf sowie gegebenenfalls auf eine Veröffentlichung des Widerrufs gemäß § 1330 ABGB. Ziel ist es, die durch die Äußerung entstandene Rufbeeinträchtigung zu korrigieren.

Schadenersatz

Eine Beleidigung kann zu immateriellem Schaden führen – etwa zu seelischer Belastung oder Rufschädigung. In solchen Fällen kommt ein Anspruch auf:

  • Schmerzensgeld (§ 1325 ABGB) für seelisches Leid mit Krankheitswert (Kommt in der Praxis sehr selten vor).
  • Die Entschädigung nach § 1328a ABGB, bei Eingriff in die Privatsphäre oder sofern Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen offenbart werden (Kommt bei Privatpersonen ebenfalls sehr selten vor).
  • Vermögensschadenersatz, wenn durch die Beleidigung ein konkreter wirtschaftlicher Schaden entstanden ist (z. B. Verlust eines Auftrags oder Kunden). Der konkrete Schaden muss allerdings genau nachgewiesen werden (Ist in der Praxis nur sehr schwer möglich).

Beseitigungsanspruch

Wenn eine Beleidigung öffentlich auffindbar ist. etwa in Foren, Bewertungsportalen oder sozialen Netzwerken, besteht gemäß § 20 ABGB ein Anspruch auf Entfernung der ehrverletzenden Inhalte. Dieser Beseitigungsanspruch richtet sich sowohl gegen den Verfasser als auch gegen die Plattformbetreiber.

Ansprüche nach dem Medienrecht nach einer Ehrenbeleidigung

Der häufigste Fall in der Praxis ist die Entschädigung gemäß § 6 Mediengesetz 

Wird in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede, der Beschimpfung, der Verspottung oder der Verleumdung hergestellt, so hat der Betroffene gegen den Medieninhaber Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung

Eine Entschädigung steht nicht zu:

  • wenn die Veröffentlichung wahr ist im Falle der üblen Nachrede oder
  • es sich um eine wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung eines Dritten handelt und ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der zitierten Äußerung bestanden hat.

Die Höhe des Schmerzensgeldes oder der Entschädigung hängt von Intensität, Reichweite und Dauer der Ehrenbeleidigung ab. Online-Beleidigungen, die sich rasch verbreiten, werden von Gerichten häufig strenger beurteilt. Die Höhe der Entschädigung ist gemäß § 8 Mediengesetz mit mindestens € 100,00 bis maximal € 40.000,00 festzusetzen (in Ausnahmefällen bis € 100.000,00). In der Regel sind es bei Beleidigungen von Privatpersonen im Internet € 500,00 bis 1.000,00. Auch der Entschädigungsanspruch gemäß § 16 ECG richtet sich nach § 6 Mediengesetz.

Löschungsanspruch (§ 33 MedienG)

Auch nach dem Medienrecht steht dem Betroffenen ein Löschungsanspruch zu, der den Verfasser zwingt den Kommentar zu löschen und zukünftige ähnliche Äußerungen zu löschen.

Veröffentlichung des Urteils (§ 34 MedienG)

Der Betroffene kann beantragen, dass die Entscheidung des Gerichts auf derselben Website veröffentlicht wird, auf der die Beleidigung stand. Auch eine Gegendarstellung kann gemäß § 9 MedienG beantragt werden.

Ist der „Like“ eines ehrenbeleidigenden Kommentars im Internet strafbar?

Diese Frage ist noch nicht vom Obersten Gerichtshof entschieden worden, allerdings hat das Oberlandesgericht Wien entschieden, dass ein „Like“ eines ehrenbeleidigenden Kommentars, den jemand anderes verfasst hat, strafbar ist. Es machen sich somit der Verfasser des ehrenbeleidigenden Kommentars sowie die Personen die den Kommentar „Liken“ strafbar. Wir sehen dies anders, allerdings muss man abwarten, bis ein derartiger Fall vom OGH entschieden wird.

Schadenersatz für ein Like eines ehrenbeleidigenden Kommentars im Internet?

Unserer rechtlichen Einschätzung nach, steht bei einem bloßen „Like“ eines ehrenbeleidigenden Kommentars jedoch dem Betroffenen keine Entschädigung zu. Dafür müsste der Betroffene, nach 1330 ABGB einen konkreten Schaden nachweisen, was äußerst schwierig sein dürfte.

Auch gemäß § 6 Mediengesetz steht dem Betroffenen bei einem „Like“ einer Beleidigung unserer Ansicht nach keine Entschädigung zu. Dies, da die Ehrenbeleidigung durch das „Like“ nicht auf dem Medium veröffentlich wurde. Nur wenn ich einen beleidigenden Kommentar teile oder selbst schreibe und somit auf meinem Medium veröffentliche, steht unserer Ansicht nach eine Entschädigung nach dem Medienrecht zu.

Gleiches gilt auch für den Entschädigungsanspruch nach § 16 ECG, da sich dieser Anspruch auch nur gegen den Nutzer richtet, der den verletzenden Inhalt bereitgestellt hat, also veröffentlich hat.

Was tun bei einem gerichtlicher Unterlassungsauftrag?

Häufig bekommt man bei einem „Like“ eines ehrenbeleidigenden Kommentars zuerst einen gerichtlichen Unterlassungsauftrag gemäß § 549 ZPO vom Rechtsanwalt des Betroffenen. Auf diesen Auftrag sollte man nur reagieren, wenn es sich nicht um einen beleidigenden Kommentar gehandelt hat. Dann sollte man dagegen eine Einwendung binnen 14 Tagen erheben.

Hat man tatsächlich einen ehrenbeleidigenden Kommentar „geliked“, oder verfasst, will es aber auf eine Verurteilung ankommen lassen, sollte man nicht darauf reagieren, keine Einwendung erheben und der Unterlassungsauftrag wird rechtskräftig. Dann muss man die Kosten des gegnerischen Rechtsanwaltes von rund € 750,00 zahlen. Das ist die günstigste Vorgehensweise um weitere Gerichts-und Anwaltskosten zu sparen.

Achtung, wir haben schon öfters erlebt, dass Unterlassungsaufträge beantragt werden, obwohl die „gelikte“ Äußerung unserer Ansicht nach nicht strafbar war. Unterlassungsauftrage werden vom Gericht ungeprüft erlassen. Das Gericht prüft somit nicht, ob der Kommentar tatsächlich eine Beleidigung darstellt, sondern erlässt den Unterlassungsauftrag einfach auf Antrag des Antragstellers. Daher lassen Sie immer den Unterlassungsauftrag immer von einem Rechtsanwalt prüfen.

Ich werde von einem Anwalt aufgefordert Schadenersatz wegen einem „Like“ zu leisten. Was tun?

Zuerst immer die Ehrenbeleidigung oder die „Likes“ von beleidigenden Kommentaren löschen! Eine außergerichtliche Einigung kann immer sinnvoll sein, sofern ich tatsächlich jemanden beleidigt habe. Wichtig ist in Fall einer außergerichtlichen Einigung einen Generalvergleich für alle Ehrenbeleidigungen gegen die Person abschließen.

Was eine Beleidigung ist und was nicht, ist immer ein richterliche Wertentscheidung im Einzelfall (Beispiele dazu finden Sie hier). Es kommt grundsätzlich immer auf den Gesamtkontexts an. Das bedeutet, hat die betroffene Person sich zuerst einer vulgären oder beleidigenden Sprache bedient, muss sie sich selbst auch eine vulgärere oder beleidigende Sprache gefallen lassen.

Wir erleben jedoch häufig, dass die geforderten Abschlagszahlungen weit überhöht sind und daher sollte man vorher immer mit einem Rechtsanwalt Rücksprache halten. Wir haben zB bei unseren Mandanten erlebt, dass für „Likes“ von Beleidigungen Entschädigungen oder Abschlagszahlungen von € 2.500,00 pro Person zuzüglich ca. 2.200,00 Anwaltskosten somit insgesamt ca. € 4.700,00, gefordert wurden. Wurden zwei Personen in dem Kommentar beleidigt, wurden ca € 9.400,00 gefordert. Das ist unserer Ansicht nach völlig überhöht. Hier sollte man prüfen, ob man sich nicht lieber von einem Gericht verurteilen lässt, als eine derart hohe Entschädigung zu bezahlen.

War der Kommentar den ich „geliked“ habe tatsächlich beleidigend, dann ist die kostengünstigste Vorgehensweise die, den Unterlassungsauftrag rechtskräftig werden lassen und keine Einwendungen zu erheben. Erhalte ich dann in weiterer Folge eine Privatanklage wegen Beleidigung kann ich alleine zu Gericht gehen und mich verurteilen lassen. Diese Vorgehensweise kann wesentlich günstiger sein, als überhöhte Abschlagszahlungen zu leisten. Geldstrafen bis 90 Tagessätze stehen nicht im Strafregisterauszug und der Gegner erhält bei der Vorgehensweise keine Entschädigung. 

Achtung jede einzelne Beleidigung oder Like kann strafbar sein.

Achtung, man kann wegen jeder Beleidigung oder jedem „Like“ einer Beleidigung verurteilt werden, allerdings sind die Verfahren vom Gericht zusammenzuziehen. Wird das nicht automatisch gemacht, kann man einen diesbezüglichen Antrag stellen, um Anwaltskosten zu sparen. Weiß ich nicht mehr, ob ich in der Vergangenheit öfters beleidigt habe oder beleidigende Kommentar „geliked“ habe, solle ich mein Social-Media Profil ganz löschen. Damit sind dann alle „Likes“ und Beleidigungen gelöscht.

Welche Strafen werden von Gerichten wegen Beleidigung in der Praxis verhängt?

Sofern ist eine ehrenbeleidigende Äußerung getätigt habe oder eine solche „geliked“ habe, bekommt man häufig nach dem Unterlassungsantrag (§ 549 ZPO) oder Unterlassungsklage (§ 1330 ABGB) eine Privatanklage wegen Ehrenbeleidigung. Bei unbescholtenen Ersttätern, werden in der Regel Geldstrafen von 30 bis 60 Tagessätzen verhängt, wobei häufig die Hälfte davon bedingt nachgesehen wird. Dies natürlich nur, sofern das Gericht entscheidet, dass es sich tatsächlich um eine Ehrenbeleidung gehandelt hat. Haftstrafen werden in der Praxis fast nie verhängt.

Ein Tagessatz richtet sich nach dem Einkommen und ist nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zu bemessen. Ein Tagessatz ist jedenfalls mit mindestens mit € 4,00 und höchstens mit € 5.000,00 festzusetzen. Wie bereits ausgeführt, herrscht bei Strafprozessen wegen Beleidigung kein Anwaltszwang und kann man sich daher selbst verteidigen. Ebenso steht eine Verurteilung gewöhnlicherweise nicht im Strafregisterauszug. Mehr zum Strafregister hier.

Wann eine Beleidigung nicht strafbar ist

  • Wenn nicht ich, sondern jemand anderes die Beleidigung geschrieben hat, weil auch andere Personen zugriff auf mein Social-Media-Konto hatten und ich nicht weiß wer.
  • Wenn mein Social-Media-Konto gehackt worden ist, ich keinen Zugriff mehr darauf habe und dann Ehrenbeleidigungen verfasst wurden.
  • Wenn eines meiner Kinder unter 14 Jahre mit meinem Konto eine Ehrenbeleidigung geschrieben hat.
  • Wenn ich versehentlich einen ehrenbeleidigenden Kommentar geliked habe, als ich mit dem Handy in Social-Media „gescrollt“ habe. (Glaubwürdigkeitsproblem wenn ich mehrere Kommentare „geliked“ habe).
  • Weiß ich nicht mehr, ob ich Personen in der Vergangenheit beleidigt habe, sollte ich meine Social-Media-Konten löschen, weil jetzt gerade das Internet von gewissen Personen durchforstet wird.

Fazit:

Wenn Sie ein Schreiben von einem Rechtsanwalt erhalten, zahlen Sie niemals einfach, sondern lassen Sie den Fall von einem Rechtsanwalt prüfen. In manchen Fällen kann eine Verurteilung wesentlich billiger sein, als überhöhte „Abschlagszahlungen“ zu leisten. Zudem sollte man es einem Gegner auch niemals zu leicht machen und sofort bezahlen. Es ist Ihr gutes Recht bei einer rechtlichen Auseinandersetzung und vor Gericht sämtliche rechtlichen Möglichkeiten und Rechtsmittel zu nutzen.

FAQ

  • 1. Was sind die zivilrechtlichen Folgen einer Ehrenbeleidigung im Internet?

    Ehrenbeleidigungen auf Plattformen wie Facebook udg kann weit über eine bloße Entschuldigung hinausgehen. Zivilrechtlich haben Betroffene nach dem ABGB und dem MedienG Ansprüche auf Unterlassung, Löschung sowie auf Widerruf bei unwahren Tatsachen. Zudem können Entschädigungszahlungen und erhebliche Kosten für Rechtsanwalt und Gericht anfallen. Besonders im Medienrecht können Entschädigungssummen für Privatpersonen oft zwischen € 500,00 und € 1.000,00 liegen, während der gesetzliche Rahmen bis zu € 40.000,00 reicht.

  • 2. Kann ein „Like“ für einen beleidigenden Kommentar eine Ehrenbeleidigung darstellen?

    Ja, nach aktueller Rechtsprechung des OLG Wien kann das „Liken“ eines ehrenbeleidigenden Beitrags, strafbar sein. Zivilrechtlich ist die Lage jedoch differenzierter: Während oft Unterlassungsaufträge gemäß § 549 ZPO gegen „Liker“ versendet werden, steht ein Anspruch auf finanziellen Schadenersatz oder Entschädigung nach dem Mediengesetz bei einem reinen Like unserer Ansicht nach nicht zu .

  • 3. Wie wehre ich mich gegen einen gerichtlichen Unterlassungsauftrag wegen Ehrenbeleidigung?

    Wenn Sie einen gerichtlichen Unterlassungsauftrag wegen einer Ehrenbeleidigung erhalten, sollten Sie den betroffenen Kommentar oder das „Like“ sofort löschen. Da Unterlassungsaufträge nach § 549 ZPO vom Gericht oft ungeprüft erlassen werden, ist eine anwaltliche Prüfung entscheidend: Ist die Äußerung im Kontext wirklich strafbar? War es eine Wertentscheidung? Wenn der Vorwurf berechtigt ist, kann es oft kostengünstiger sein, keine Einwendung zu erheben und den Auftrag rechtskräftig werden zu lassen, um teure Folgeprozesse und überhöhte außergerichtliche Abschlagszahlungen zu vermeiden.

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Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.

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