Behandlungsfehler

Wann liegt ein Behandlungsfehler durch den Arzt vor?

ärztliche Behandlungsfehler

Österreich verfügt über ein hochentwickeltes Gesundheitssystem. Dennoch kann es, wie in jedem anderen Land, auch hierzulande zu Fehlern in der medizinischen Versorgung kommen. Laut Schätzungen passieren bei etwa 1 % aller Behandlungen sogenannte ärztliche Behandlungsfehler, auch Ärztepfusch genannt. In Österreich entspricht das etwa 19.000 Behandlungsfehlern pro Jahr, wovon bis zu 1.900 tödlich enden können.

In diesem Beitrag erfahren Sie:

  • Was ein ärztlicher Behandlungsfehler ist
  • Welche Pflichten Ärzte haben
  • Wann Schadenersatz möglich ist
  • Welche Fristen zu beachten sind

Ärztliche Pflichten laut Gesetz (§ 49 Ärztegesetz)

Laut § 49 Ärztegesetz ist ein Arzt verpflichtet, Patienten gewissenhaft und nach anerkannten Standards zu behandeln. Dazu gehört auch die laufende Fortbildung sowie die Einhaltung medizinischer Qualitätsrichtlinien.

Die rechtliche Grundlage einer jeden ärztlichen Behandlung ist der Behandlungsvertrag. Der Behandlungsvertrag wird zwischen dem Arzt oder dem Krankenhaus und dem Patienten abgeschlossen.

Wesentliche Pflichten des Arztes  sind:

  • Fachgerechte Diagnose nach gründlicher Anamnese
  • Durchführung notwendiger Untersuchungen
  • Sofortmaßnahmen bei Gefährdung des Patienten
  • Aufklärung über Behandlung, Risiken und Alternativen
  • Überweisung an Fachärzte bei Bedarf
  • Dokumentations- und Verschwiegenheitspflicht

Wichtig: Ein Arzt schuldet keinen konkreten Heilungserfolg, aber eine sorgfältige Behandlung nach dem aktuellen Stand der Medizin (RIS-Justiz RS0021335). Das Nichterreichen des gewünschten Behandlungserfolges kann daher keine Schadenersatzpflicht begründen.

Was ist ein ärztlicher Behandlungsfehler?

Ein ärztlicher Behandlungsfehler liegt dann vor, wenn ein Arzt schuldhaft gegen medizinische Standards oder seine Pflichten aus dem Behandlungsvertrag verstößt. Im Rahmen des Behandlungsvertrages schuldet der Arzt dem Patienten eine medizinische Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst, wofür der aktuell anerkannte Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft maßgeblich ist. Die medizinische Behandlung darf nicht hinter dem in Fachkreisen anerkannten Standard zurückbleiben. Ein Arzt handelt dann fehlerhaft, wenn er das in Kreisen gewissenhafter und aufmerksamer Ärzte oder Fachärzte vorausgesetzte Verhalten unterlässt (OGH 9Ob48/15x).

Ein Behandlungsfehler liegt daher beispielsweise vor bei:

  • einer falsche Diagnose
  • unterlassenen oder verspäteten Behandlung
  • Fehler bei Operationen oder verabreichten Medikamenten
  • Missachtung von Warnzeichen

Der Arzt muss den Patienten nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft (lege artis) behandeln. Wird davon abgewichen, liegt ein Behandlungsfehler vor, selbst wenn die Behandlung in guter Absicht erfolgte.

Aufklärungsfehler – wenn Patienten nicht informiert werden

Ein weiterer häufiger Fehler ist der sogenannte Aufklärungsfehler. Vor jeder Behandlung ist der Arzt verpflichtet, den Patienten über:

  • Ablauf und Zweck der Behandlung
  • Mögliche Risiken und Nebenwirkungen
  • Alternativen und deren Vor- und Nachteile
  • Folgen bei Ablehnung der Behandlung

umfassend und persönlich aufzuklären. Nur dann kann der Patient eine wirksame Einwilligung erteilen. Der aufklärende Arzt hat sich im Zuge eines mündlichen Aufklärungsgespräches davon zu überzeugen, dass dem Patienten die Behandlung, deren Folgen und mögliche Risiken zumindest in Grundzügen bekannt sind und er daher in der Lage ist, die Tragweite seiner Entscheidung für oder wider der Behandlungsdurchführung zu überblicken (RS0026413)

Achtung:
Die bloße Unterschrift auf einem Aufklärungsbogen reicht nicht aus. Ein persönliches Gespräch mit dem Arzt ist gesetzlich vorgeschrieben.

Wann haftet der Arzt, oder das Krankenhaus?

Ein Arzt haftet zivilrechtlich, wenn:

  • Ein Behandlungsfehler oder Aufklärungsfehler nachgewiesen wird
  • Der Fehler beim Patienten gesundheitliche Schäden verursacht hat
  • Und diese durch eine korrekte Behandlung oder Aufklärung vermeidbar gewesen wären

Selbst wenn die Behandlung „fachlich korrekt“ war, aber nicht ausreichend aufgeklärt wurde, haftet der Arzt, wenn sich das Risiko verwirklicht, über das hätte informiert werden müssen.

Welche Ansprüche haben Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsfehler?

Wurde ein ärztlicher Behandlungsfehler festgestellt, können Betroffene unter anderem folgende Schadenersatzansprüche geltend machen:

  • Schmerzensgeld – für körperliche und seelische Leiden
  • Heil- und Pflegekosten – auch für zukünftige Behandlungen
  • Verunstaltungsentschädigung – bei bleibenden körperlichen Veränderungen
  • Verdienstentgang – bei verminderter Arbeitsfähigkeit
  • Trauerschmerzensgeld – bei Tod des Patienten (für Angehörige)
  • Unterhaltserstattung – für Kinder des verstorbenen Patienten

Verjährung: Wie lange kann ich Ansprüche geltend machen?

Alle Schadenersatzansprüche aus einem ärztlichen Behandlungsfehler verjähren grundsätzlich nach 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger (§ 1498 ABGB).

Wichtig: Die Frist beginnt erst dann, wenn Sie genug Informationen hatten, um eine Klage sinnvoll zu prüfen (RS0034524). Spätestens nach 30 Jahren sind Ansprüche jedenfalls verjährt.

Was tun bei Verdacht auf Ärztepfusch?

Wenn Sie den Verdacht haben, Opfer eines ärztlichen Behandlungsfehlers geworden zu sein:

  1. Sichern Sie alle medizinischen Unterlagen und Befunde
  2. Dokumentieren Sie den Behandlungsverlauf und Ihre Beschwerden
  3. Kontaktieren Sie umgehend einen Anwalt für Medizinrecht
  4. Fragen Sie Ihre Rechtsschutzversicherung nach Kostenübernahme

Fazit: Bei ärztlichem Behandlungsfehler – Ihre Rechte kennen und handeln

Ein ärztlicher Behandlungsfehler kann schwerwiegende Folgen für Ihre Gesundheit und Lebensqualität haben. Doch Sie haben Rechte: Schadenersatz, Schmerzensgeld und viele weitere Ansprüche sind möglich – auch bei Aufklärungsfehlern ohne Behandlungsfehler. Warten Sie nicht zu lange, denn die Verjährung kann Ihre Ansprüche zunichtemachen.

Als erfahrener Rechtsanwalt für Medizinrecht unterstütze ich Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche – professionell, kompetent und durchsetzungsstark. Vereinbaren Sie jetzt ein Beratungsgespräch – gerne prüfe ich auch Ihre Rechtsschutzversicherung!

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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie uns gerne jederzeit während unserer Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren. Weitere Hinweise zu strafrechtlichen Delikten finden Sie hier

Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.

Rechtsgrundlagen für medizinische Behandlungsfehler:

§ 49 ÄrzteG § 1325 ABGB, § 110 StGB § 83 StGB 

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