
Wann ist eine Hausdurchsuchung in Österreich erlaubt?
Was tun, wenn morgens um 6 Uhr plötzlich die Polizei vor Ihrer Tür steht und eine Hausdurchsuchung ankündigt? In Österreich nehmen Hausdurchsuchungen auch bei kleineren Straftaten – etwa sogenannten Hasspostings im Internet – zu. Doch wie legal sind solche Maßnahmen wirklich? Und wie sollten Sie sich bei einer Hausdurchsuchung verhalten?
Wer darf eine Hausdurchsuchung anordnen?
Eine Hausdurchsuchung darf in Österreich grundsätzlich nur von der Staatsanwaltschaft mit gerichtlicher Bewilligung (§ 120 StPO) angeordnet werden. Die Bewilligung muss dem Betroffenen unverzüglich, spätestens innerhalb von 24 Stunden zugestellt werden. Ist niemand anwesend, wird der Bescheid hinterlegt.
Ausnahme: Bei Gefahr im Verzug, kann die Polizei auch ohne gerichtlichen Beschluss eine Hausdurchsuchung durchführen. Dann ist ein mündlicher Befehl zur Durchsuchung wirksam, allerdings sind die Gründe für die Durchsuchung und für die Annahme von Gefahr mündlich bekanntzugeben und in einer Niederschrift festzuhalten. Zudem muss ein schriftlicher Durchsuchungsbefehl innerhalb von 24 Stunden nachgereicht werden.
Vorsicht bei „freiwilliger Nachschau“
Wenn Polizisten Sie fragen, ob sie sich „nur kurz umschauen“ dürfen, verweigern Sie dies unbedingt. Stimmen Sie zu, handelt es sich nicht mehr um eine offizielle Hausdurchsuchung nach der Strafprozessordnung (StPO), und Sie verlieren das Recht auf rechtliche Beschwerde.
Aus welchen Gründen kann eine Hausdurchsuchung durchgeführt werden:
Laut § 119 StPO ist eine Hausdurchsuchung erlaubt, wenn der Verdacht besteht, dass:
- sich dort eine verdächtige Person versteckt,
- sich dort Beweismittel oder Spuren befinden.
Die Anordnung muss konkret beschreiben, welche Gegenstände gesucht werden und auf welchen Tatsachen dieser Verdacht beruht. Eine allgemeine „Verdachtslage“ genügt nicht.
Wichtig: Eine Hausdurchsuchung darf nicht ausschließlich dazu dienen, neue Verdachtsmomente zu schaffen. Ist die Tat bereits geklärt oder der Verdacht widerlegt, ist eine Durchsuchung unzulässig.
Grundsätzlich ist eine Hausdurchsuchung schonend durchzuführen und sind vermeidbares Aufsehen, Belästigungen und Störungen sind auf das unvermeidbare Ausmaß zu beschränken.
Gemäß § 119 StPO ist die Durchsuchung von Orten und Gegenständen zulässig, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sich dort eine Person verbirgt, die einer Straftat verdächtig ist, oder Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind. Die Begründung für den Verdacht muss rational und nachvollziehbar sein.
Die Hausdurchsuchung muss zudem auf konkrete Gegenstände ausgerichtet sein, die als Beweis im Strafverfahren gebraucht werden. Aus der Durchsuchungsanordnung muss sich daher zumindest die Art der begehrten Gegenstände ergeben und aufgrund welcher Tatsachen angenommen wird, dass sich an dem Ort Gegenstände befinden, die sicher gestellt werden sollen. Weiters muss im Beschluss ausgeführt sein, weshalb erwartet wird, dass diese Gegenstände für die Aufklärung der Strafsache von Bedeutung sind. Achtung, auch Zufallsfunde (zb Suchtmittel), können taugliche Beweise sein und strafrechtliche Konsequenzen, wie ein weiteres Strafverfahren, nach sich ziehen. Eine Hausdurchsuchung zur bloßen Gewinnung von Verdachtsmomenten und nach Abschluss der Untersuchung, wenn die Tat bereits erwiesen oder der Verdacht bereits beseitigt ist, ist grundsätzlich unzulässig.
Ihr Verhalten während einer Hausdurchsuchung
Eine Hausdurchsuchung ist gemäß § 121 StPO generell nur nach vorausgegangener Vernehmung des Hausbewohners zulässig. Dieser soll zunächst zur freiwilligen Herausgabe des Gesuchten bewegt werden und ist ihm vor der Hausdurchsuchung die Gelegenheit zu geben, das Gesuchte herauszugeben oder den Anlass für die Durchsuchung selbst zu beseitigen.
Was Sie tun sollten:
- Lassen Sie die Polizei in die Wohnung – körperlicher Widerstand kann strafbar sein.
- Verlangen Sie den Durchsuchungsbeschluss und lesen Sie diese genau durch.
- Rufen Sie sofort Ihren Anwalt oder eine Vertrauensperson (max. 2 Personen erlaubt, § 121 Abs 2 StPO). Mit der Durchsuchung muss bis zum Eintreffen der Personen gewartet werden.
- Verlangen Sie die Protokollierung aller Maßnahmen.
- Kontrollieren Sie das Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll sorgfältig.
Was Sie nicht tun sollten:
- Geben Sie nichts freiwillig heraus, ohne zu vermerken, dass dies nicht freiwillig geschieht.
- Geben Sie keine Passwörter oder sensiblen Informationen preis.
- Machen Sie keine Aussagen – Sie haben das Recht zu schweigen.
- Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht genau geprüft haben.
Welche Räume und Objekte dürfen durchsucht werden?
Nur jene Räume und Objekte, die im Durchsuchungsbeschluss klar genannt sind. Ein Auto vor dem Haus darf z. B. nicht durchsucht werden, wenn es im Beschluss nicht explizit erwähnt ist.
Sie haben somit das Recht bei der Hausdurchsuchung anwesend zu sein und den Polizisten zuzusehen. Werden Sie in diesem Recht beeinträchtigt, ist die Hausdurchsuchung rechtswidrig.
Zudem sollten Sie die Durchsuchungsanordnung genau kontrollieren und die Protokollierung aller Vorgänge einfordern. Ist die Durchsuchungsanordnung fehlerhaft, ist die Hausdurchsuchung ebenfalls rechtswidrig.
Was passiert bei einer Hausdurchsuchung?
Gefundene Beweismittel werden entweder:
- sichergestellt oder
- beschlagnahmt.
Sie müssen innerhalb von 24 Stunden eine schriftliche Bestätigung über die Durchsuchung (§ 122 Abs 3 StPO) und über die sichergestellten Gegenstände (§ 111 Abs 4 StPO) erhalten.
In der Regel wird über das Ergebnis der Hausdurchsuchung ein Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll erstellt. Kontrollieren Sie dieses Protokoll genau, es müssen sämtliche Gegenstände, welche beschlagnahmt oder sichergestellt worden sind, darin aufgelistet sein.
Rechtsmittel gegen eine Hausdurchsuchung:
1. Beschwerde gemäß § 88 StPO
Gegen den gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss kann innerhalb von zwei Wochen eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft eingebracht werden. Das Oberlandesgericht prüft, ob Ihre Rechte verletzt wurden (z. B. Artikel 9 Staatsgrundgesetz – Schutz des Hausrechts).
2. Maßnahmenbeschwerde bei Gefahr im Verzug
Wurde die Durchsuchung ohne gerichtliche Bewilligung durch die Polizei durchgeführt, können Sie binnen sechs Wochen eine Maßnahmenbeschwerde nach § 88 SPG beim Landesverwaltungsgericht einbringen. Wurde die die Anordnung der Staatsanwaltschaft von der Kriminalpolizei überschritten, dann steht Ihnen dagegen ebenfalls die Maßnahmenbeschwerde gemäß § 89 SPG, wegen Überschreitens der Richtlinien zu.
3. Einspruch gegen Sicherstellung (§ 106 StPO)
Wurden bei der Durchsuchung Gegenstände sichergestellt, können Sie innerhalb von sechs Wochen Einspruch erheben, wenn Sie sich in Ihren Rechten verletzt sehen.
Wichtig: Verhältnismäßigkeit prüfen
Die Hausdurchsuchung muss gemäß § 5 StPO und Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig sein. Das heißt:
- Es muss ein ausreichender Anfangsverdacht bestehen.
- Die Maßnahme darf nicht unverhältnismäßig zur Schwere der Straftat sein.
- Wenn Beweise auch anders hätten beschafft werden können, ist die Durchsuchung rechtswidrig.
Tipp: Wurden bei einer rechtswidrigen Durchsuchung Gegenstände beschädigt, haben Sie Anspruch auf Schadenersatz.
Fazit: So schützen Sie Ihre Rechte bei einer Hausdurchsuchung
- Bleiben Sie ruhig und verweigern Sie freiwillige Nachschauen.
- Ziehen Sie einen Rechtsanwalt oder eine Vertrauensperson bei.
- Verweigern Sie die Herausgabe von Passwörtern oder belastenden Informationen.
- Nutzen Sie Ihre Beschwerderechte rechtzeitig.
Wenn Sie rechtzeitig handeln, können Sie Ihre Grundrechte schützen und schwerwiegende Fehler im Strafverfahren vermeiden.
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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meiner Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren. Weitere Hinweise zu strafrechtlichen Delikten finden Sie hier
Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.
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Rechtsgrundlagen für eine Hausdurchsuchung:
§ 5 StPO, § 87 StPO, § 106 StPO §§ 119 bis 122 StPO Art 5 StGG 39 SPG 88 SPG